Montag, 22. Februar 2010

Sie fürchten die Freiheit,

die Freiheit der Rede, der Kunst und der Gedanken, wie nichts anderes. Freiheit und (monotheistische) Religion waren schon immer Antipoden.

Zuerst kommt die Freiheit der Gedanken. Sie ist die gefährlichste, denn durch sie entsteht der Zweifel, der Widerstand, sie ermöglicht es, jeden Standpunkt einzunehmen und unvoreingenommen zu prüfen, sie gestattet es, die mächtigsten Werkzeuge des menschlichen Geistes, die Vernunft und die Logik gegen Dogmata und ideologische Paradigmen einzusetzen. Sie ist aber auch die am schwersten zu bekämpfende. Wenn es aber gelingt, sie in Ketten zu legen, ist alle Gefahr gebannt. In der voraufgeklärten Zeit gelang das lange Zeit durch die systematische Konstruktion einer auf Furcht und Abhängigkeit gegründten Vorstellungswelt, in der selbst unkeusche oder ketzerische Gedanken als Sünde und die Verdammnis besiegelnd galten. Das Prinzip funktionierte so, daß der Klerus sich zum Bühnenbildner und Regisseur einer bunt mit Fabelwesen bevölkerten Jenseitswelt aufschwang, die zwar von den Lebenden nicht empirisch erfahrbar war, aber durch biblische Überlieferung und deren konkurrenzlose Interpretation durch die des Lesens Kundigen so plastisch und detailreich ausstaffiert war, daß sie und die in ihr und für sie angeblich geltenden Regularien eine völlig weltliche Größe darstellten, an der sich der reale Alltag stets mit ausrichtete. Solange eine unaufgeklärte Bevölkerug durch instrumentalisierte Jenseitsfurcht in geistige Fesseln geschlagen war, gab es also kein Problem.
Mit der Aufklärung änderte sich das jedoch, Buchdruck, bessere Bildung, Bibeln in der Landessprache und revolutionäre Philosophie befreiten den Geist und ließen Zweifel am Joch der religiösen Nutzfurcht aufkommen. Als die Kirche verstand, daß der Zweifel und damit die Freiheit in der Welt des Geistes angelangt und durch sie nicht mehr zu bannen war, änderte sie ihre Strategie und wählte als neues Feindbild die Freiheit der Meinung und der Rede. Sollten die Ketzer denken, was sie mochten, solange sie schwiegen! Die Unterdrückung von Rede- und Meinungsfreiheit ist seit jeher ein Merkmal des autoritären Totalitarismus, denn revolutionäre Gedanken schaden erst und nur dann, wenn sie außer ihrem Denker noch andere kennen.
Natürlich ist jeder Versuch, die Äußerung von Gedanken und Meinungen zu unterdrücken, ein profundes Zeugnis der Schwäche. Wenn man von der Tragfähigkeit und absoluten (weil ja angeblich offenbarten) Wahrheit und Unerschütterlichkeit der eigenen Position überzeugt ist, was ja gerade dann der Fall sein sollte, wenn man sich vorgeblich im Auftrage der höchsten Macht weiß, so kann doch eine abweichende Meinung, so kann geäußerter Zweifel und Kritik ihr nicht nur nicht schaden, sondern wird sie - im Gegenteil - stärken.
In den Führungsetagen der organisierten Religionen ist man aber offenbar selbsterkenntnisreich genug, zu wissen, daß man sich auf die Überzeugungskraft und Standhaftigkeit der eigenen Doktrinen besser nicht mehr verlassen sollte und hat es sich zur lieben Übung gemacht, immer wieder gegen das Grundrecht der Meinungs- und Kunstfreiheit anzurennen, um all den Freidenkern, Zweiflern, Satirikern und Scharfzüngigen Wort und Spott und Feder zu verbieten.
Besonders überzogen reagiert der Islam auf notwendige Kritik und verdienten Spott, da sich diese Religion in all ihren Äußerungsformen und Empfindlichkeiten, mit ihrer komplett fehlenden Fähigkeit zur Selbstreflexion und auch ihrer Entwicklung, wenn es so etwas wie Entwicklung bei Religionen überhaupt gibt und es sich nicht eher um widerwillige, zähneknirschende und erzwungene Anpassungen an den Fortschritt der Menschheit handelt, ja noch im tiefsten Mittelalter befindet, sich aber zumindest in den Industrienationen einer globalisierten und vernetzen Welt gegenübersieht, der ein geduckter, furchtsamer Respekt vor diesem bizarren Wüstenkult, nicht ohne weiteres abgenötigt werden kann.
Was mich allerdings äußerst bedenklich stimmt, ist ein Trend in letzter Zeit, der vor allem in England (zum Beispiel in Gestalt von Sharia-Gerichten!) aber auch in den Niederlanden zu beobachten ist: dort wird aus falsch verstandenem Pluralismus und Multikulti-Irrsinn als abklärerische Unterwürfigkeitsgeste gegenüber dieser mit den Menschenrechten und einer darauf beruhenden Werteortnung fundamental unvereinbaren Religion eine der wichtigsten Errungenschaften der Demokratie und Stützpfeiler einer jeden freiheitlich-demokratischen Gesellschaft in Frage gestellt: die Meinungsfreiheit.
In einem Prozess gegen den niederländischen Politiker Geert Wilders, den ich für seinen Rechtspopulismus eigentlich verabscheue, wurde ihm vorgeworfen, daß er sich islamkritisch geäußert habe. Die inkriminierten Äußerungen waren unter anderem:
Der Koran sei wie Hitlers "Mein Kampf".
Der Kern des Problems sei der "faschistische Islam".
Es gebe einen "Islamisierungs-Tsunami".
Diese Aussprüche sind zwar von kompromissloser Härte und sicher auch provozierend gemeint, doch es sind Meinungsäußerungen, die niemanden zu Gewalt oder anderen ungesetzlichen Handlungen verleiten sollen und sie sind alle durch Stellen im Koran sowie durch durch den Koran und seine fundamentalistische Auslegung motivierte Taten von Islamisten, die sich ganz klar auf ihre Religion berufen, begründet und selbstverständlich durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt. Daß einige Moslems das nicht hören wollen und sich beleidigt fühlen, darf nicht einmal theoretisch als Grund dienen, diese Meinung zu verbieten. Es steht jedem zu, eine Gegendarstellung, die Äußerung einer abweichenden Meinung oder eine Kritik an Herrn Wilders zu verfassen und es läge im Interesse eines liberalen Islamverständnisses, genau das zu tun und mit den Mitteln einer Demokratie und innerhalb der Grenzen der Verfassung zu reagieren. Wie souverän und demokratisch der Islam und seine eifrigsten Vertreter tatsächlich mit Kritik und Spott umzugehen pflegt, zeigen die jüngere Geschichte der Niederlande auf eine erschütternde Weise: Pim Fortuyn, ein linker Politaktivist wurde für seine Angriffe gegen den Islam ermordet und auch der Filmemacher und Islamkritiker Theo van Gogh, der besonders die fundamentalistischen und frauenfeindlichen Auswüchse des Islams angegriffen hatte, wurde ermordet.
Der Karikaturstreit von 2005 (das Bild zeigt die "beanstandete" Karikatur Mohammeds mit Bombenturban) zeigte ein weiteres Mal, wie unvereinbar der Islam mit demokratischen Werten ist und selbst fünf Jahre danach kann sich der Karikaturist seines Lebens nicht sicher sein. Als wie kleinlich und rachsüchtig und empfindlich und nachtragend und inferior muß man seinen eigenen angeblich so großen Gott auffassen, wenn man denkt, in dessen Willen zu handeln, wenn man einen alten Mann, der vor Jahren eine Zeichnung anfertigte, hinterrücks ermordet?!
Auf das mögliche Argument, daß dies die Taten einzelner nicht repräsentativer Irrer gewesen sind, kann man nur antworten, daß es anläßlich des Karikaturenstreits Fernsehbilder von Massenszenen in arabischen Ländern zu sehen gab, wo Puppen des Zeichners und dänische Flaggen (und nachher Flaggen eines jeden Landes, das sich mit Dänemark solidarisch erklärte) verbrannt und im Chor Todesdrohungen skandiert wurden. Und wenn innerhalb dieser Religionsgemeinschaft bei einem Großteil selbst derjenigen ihrer Angehörigen, die in den demokratischen Industrienationen leben, wirklich Einigkeit darüber bestünde, daß es sich bei den genannten und anderen einschlägigen Taten im Namen dieser Religion, eben nicht um repräsentatives islamisches Verhalten, sondern um gemeine Verbrechen handelt, dann sollte es nach jeder solchen Tat erstens eine große und weltweite Protestaktion gegen das Vorschützen religiöser Motive und gegen den Mißbrauch des islamischen Bekenntnisses als Terrorapologie sowie eine selbstkritische Innenschau geben, um zu prüfen, ob diese Religion wirklich, wie behauptet, kompatibel mit demokratischen Werten und den Menschenrechten ist. Dies aber passiert, wenn es denn passiert, meist nur verhalten und schwachbrüstig und wirkt eher wohlfeil und zugeständnismäßig als wirklich überzeugt.

Doch der Islam ist nicht alleine mit seinen, zugegeben deutlich wüsteren und brutaleren Versuchen, die Religion über die Verfassung zu stellen und ihr einen unverdienten Schutz vor Spott und Kritik zu ertrotzen:
Auch in Deutschland versuchte, zugegebenermaßen vor allem von Spott statt Erfolg gekrönt, der sprachmächtige Edmund Stoiber vor einiger Zeit, den Blasphemern Einhalt zu gebieten, als er forderte, daß "Gotteslästerung" (ein an sich interessanter Begriff, da er ja die Möglichkeit einräumt, daß ein Mensch einen (jetzt mal angenommenen und als allmächtig angesehenen) Gott überhaupt nennenswert lästern kann) stärker bestraft werden müsse. In Deutschland ist es tatsächlich bereits verboten (§166 StGB), sich über Religionen und deren Doktrinen lustig zu machen und sie zu verspotten, allerdings und glücklicherweise nur insoweit solches Betreiben geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu gefährden:
§ 166
Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen

(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Es müssen hier ja auch zwei Rechtsgüter gegeneinander abgewogen werden und das durch §166 geschützte ist wohl eher der öffentliche Friede als das religiöse Empfinden, denn im kleinen Kreis oder gegenüber Einzelpersonen läßt das Gesetz die derbsten und schärfsten Angriffe ja durchaus zu, da sie durch das Recht auf freie Meinungsäußerung zurecht geschützt wird.
In Deutschland ist der Beschnittsversuch dieses Grundrechts zum Glück fehlgeschlagen, doch in anderen europäischen Ländern haben die dort stärkere und - wie ich meine - fatale Neigung zur political correctness und vielleicht auch mächtigere Lobbies zu einer katastrophalen Entwicklung geführt. Z.B. in Irland, wo es nun wahrhaftig ein Blasphemie-Gesetz gibt, welches äußerst krass das Recht auf Meinungsfreiheit verstümmelt, indem es die "Veröffentlichung oder Äußerung von blasphemischen Inhalten" unter Strafe stellt. Ich stimme Richard Dawkins zu, daß ein solches Gesetz ein Land ins Mittelalter zurückversetzt und wie grenzenlos absurd es ist, nur sein kann, zeigt sich daran, daß folgende Äußerungen ab jetzt in Irland strafbar sind:

- Mohammed spricht im Hadith von Bukhari, Band 1 Buch 8 Hadith 427: “Möge Allah die Juden und Christen verfluchen, denn sie errichteten die Gebetsstätten bei den Gräbern ihrer Propheten"
Tja, dumm gelaufen für die Moslems. Da müßten ja jetzt eigentlich die Korane in Irland zensiert werden. (Ich frage mich gerade, ob ich wissen möchte, was passieren würde, wenn das tatsächlich angeordnet werden würde...)

- Jesus spricht zu den Juden über ihren Gott: "Ihr habt den Teufel zum Vater, und was euer Vater begehrt, wollt ihr tun! Der war ein Menschenmörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit, denn Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und der Vater derselben. " (Johannes 8:44, Bibel)
Wenn das mal nicht feistester, unverhohlener Anti-Semitismus ist, dann weiß ich nicht. Also: Bibel zensieren!

(eine weitere Liste nach diesem Gesetz nun blasphemischer Äußerungen, die, wenn verfolgt, diverse Bücherregale nennenswert ausdünnen dürften, findet sich hier)

Ein solches Gesetz, vor allem jedoch das Bestreben, das dazu führte, daß es überhaupt geschrieben und ratifiziert werden konnte, zeigt ein weiteres Mal, wie groß das Schutzbedürfnis und wie profund die Schwäche und im gleichen Zuge heillos die Wehrlosigkeit der Religionen ist, daß sie und ihre Vertreter nicht vor den schändlichsten Tat zurückschrecken, die freie Rede und Meinungsäußerung zu bekämpfen, die für unsere gesamte demokratische Zivilisation doch so elementar wichtig ist!
Eine grundsätzliche Frage ist hier doch: gibt es ein Recht darauf, sich nicht beleidigt zu fühlen? Kann man Menschen den Mund verbieten, um auf religiöse Empfindlichkeiten Rücksicht zu nehmen? Beides muß in einer Demokratie ganz klar mit "Nein" beantwortet werden.

Um es klar zu sagen: Ich habe keinen Respekt vor der Religion. Vor keiner. Und auch nicht vor religiösen Gefühlen. Ich werde das und mich über Religionen so oft und kritisch und scharf äußern, wie es mir beliebt. Ich mache hingegen niemandem seine Religion streitig und toleriere sie und ihre Ausübung, solange sie mit den Menschenrechten und der Verfassung vereinbar sind und ich würde jederzeit für die Verteidigung der Religionsfreiheit kämpfen. Aber noch wichtiger und heiliger und größer ist das Recht auf freie Meinung, Kunst und Rede. Ohne es ist Freiheit nicht denkbar. Ohne Religion schon.

Zum Schluß und um mich noch einmal eindeutig zu positionieren, zeige ich ein Bild von meinem neuen Lieblingsspielzeug: